Roter Fingerhut
(Digitalis prupurea L.) tödlich giftig +++!
Synonyme:
Eisenhut, Fingerhütlein, Fingerpießen, Fuchsglocken, Giftglocken,
Klaprause, Marienhandschuh, Teufelsglocken, Platzblume, Rote Totenglocken,
Waldglöcklein, Waldschelle
Familie:
Rachenblütler (Scrophulariaceae)
Namensentstehung:
Der Name bezieht sich auf die Form der Blüten.
Beschreibung:
Der Rote Fingerhut ist 2-jährig und wird bis zu 2 m hoch. Im ersten
Jahr sieht man von ihm nur die bodenständige Blattrosette. Auch die
verästelte Pfahlwurzel bildet sich im ersten Jahr. Im 2. Jahr streckt
sich der Fingerhut nach oben und bildet wechselständige, länglich-runzelige
beidseitig behaarte Blätter mit graufilziger Unterseite, während
die Blattrosette am Grund in der Regel verwelkt.. An der Spitze steht
die Einseitswendige Blütentraube, das Auffälligste an dieser
Pflanze. Die großen Blüten haben einen fünfzipfeligen,
grünen Kelch und eine zweilippige, röhrig glockige Krone, die
meistens purpurrot gefärbt und innen gefleckt ist. Es gibt aber auch
Vorkommen mit weißen Blüten. Die Frucht ist eine zweifächrige
Kapsel.
Beim Zerreiben haben die Blätter einen unangenehmen
Geruch und einen ekeligen Geschmack.
Verwechslung:
Der Fingerhut sieht so charakteristisch aus, dass er eigentlich nicht
verwechselt wird. Vor der Blüte kann man seine Blätter jedoch leicht mit denen vom Borretsch oder
dem Beinwell verwechseln. Vergiftungen kommen eher durch Überdosierung von
Medikamenten oder selbstgebastelte Tinkturen zustande.
Blütezeit:
Juli - September
Vorkommen:
Auf Kahlschlägen und steinigen Waldhängen. Sandige, kalkarme,
Mangan- und stickstoffreiche Böden. Die in unseren Gärten angepflanzte
Sorte mit größeren Blüten und weniger Behaarung hat nichtmal
die Hälfte der Wirkstoffe wie die wildwachsende Art.
Verbreitung:
In ganz Europa und Asien, in den Mittelgebirgen. Im Norden bis Südschweden,
im Westen bis Irland, Großbritanien, bis Belgien, Holland, Frankreich
bis zur Pyrenäenhalbinsel.
Sammelgut:
Den Fingerhut sollte man nicht sammeln und keine Selbstmedikationen betreiben.
Eine Behandlung ist aussschliesslich dem Arzt vorbehalten!
Inhaltsstoffe:
0,2 - 0,6% giftige Glykoside bestehend aus unter anderem Digitalin
und Digitoxin, ferner Saponine, Flavone, Gerb- und Schleimstoffe, Säuren,
Mangan.
Anwendung:
Schon geringe Mengen können tödlich
sein! Der Rote Fingerhut ist eine der stärksten Giftpflanzen
unserer heimischen Pflanzen. Selbstmedikationen können das Leben
kosten!
Eigenschaften: herzwirksam, auswurffördernd, abfürhend
In erster Linie wird der Rote Fingerhut bei Herzerkrankungen verwendet.
Seine Inhaltsstoffe sind meines Wissens nach bis heute nicht künstlich
erzeugbar und noch heute sind Medikamente mit Digitalis aus dem Roten
Fingerhut erzeugt. Inzwischen werden auch andere Fingerhutarten für
Medikamente erforscht. Herzmuskelerschlaffung und Herzklappenfehler werden
mit dem Roten Fingerhut behandelt. Ferner soll Fingerhut gegen Krebszellen hilfreich sein.
Seine Herzanregende Wirkung verursacht beschleunigten Blutumlauf und
schwemmt somit krankhafte Wasseranstauungen durch vermehrte Harnabsonderung
aus. Er findet auch Anwendung bei Keuchhusten, Rachenentzündung,
Bindehautentzündungen, Schwächezuständen oder zu hohem
Blutdruck.
Äusserlich bei Kropf- und Drüsengeschwülsten, Umschläge
mit Fingerhutabkochungen fördern die Wundheilung.
In der Homöopathie verwendet man Fingerhut bei Herzbeschwerden,
aber auch bei Nieren- und Blasenleiden, Nierenschwäche, Depressionen,
Schlafstörungen, Migräne mit schwerer Übelkeit, Leberschwellungen,
Gelbsucht und Prostataleiden. Auch hier sollte die Behandlung einem Arzt
vorbehalten sein.
Fingerhut im eigenen Garten:
Fingerhut versamt sich sehr gerne, allerdings wird er nach meiner Erfahrung im Laufe der Generationen
immer heller in der Blütenfarbe. Verblühte Blütenstängel abzuschneiden, läßt die Pflanze die Kraft
in der Blattrosette konzentrieren und so im nächsten Jahr kräftiger austreiben.
Fingerhut ist ein guter Partner für Kartoffeln, Tomaten und Äpfel. Er liebt Halbschatten oder Schatten und
samt sich von alleine aus. Fingerhut verbessert auch die Erde. Man sollte ihn also wachsen lassen wo auch
immer es geht, zumal er auch eine gern gesehene Pflanze bei den Hummeln ist. Wenn er als neuer Einwohner in den Garten
einziehen soll, sät man ihn im Juni direkt ins Freiland und verpflanzt später auf 30 - 40 cm Abstand.
Nebenwirkungen:
Veränderung der Pulsfrequenz, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall,
heftige Leibschmerzen, Blaufärbung der Lippen, Ungeordnete Reaktionen
des Herzens mit Herzstillstand. Die Wirkung von Digitalis hält sehr lange an, tritt aber auch erst spät ein. Auf diese
Art kann man sich im Laufe der Zeit der Einnahme tödlich vergiften. Also bitte: Finger weg von Eigenmedikation!
Allergische Reaktionen bei Hautkontakt sind möglich.
1. Hilfe:
Möglichst schnell zum Erbrechen bringen, Durchfallmittel geben, viel
medizinische Kohle zur Bindung der Giftstoffe und sofort den Arzt anrufen.
Kaffee ist nicht falsch.
Geschichtliches:
1775 verwendete der englische Arzt Withering in Birningham den Roten Fingerhut
gegen Wassersucht - allerdings nur bei armen Leuten, da es für die
Reichen zu giftig war. Sein Großvater Darwin redete ihm zu das Mittel
auch bei reichen Leuten zu verwenden und so stieg der Ruf des Fingerhuts
von Jahr zu Jahr.
Die Volksheilkunde kannte den Fingerhut durchaus auch, jedoch blieb das Wissen um seine Heilkraft bei einigen
wenigen Kräuterfrauen. Es war auch damals schon wenig ratsam sich oder andere aus versehen zu vergiften.
Quellen:
Die Kräuter in meinem Garten,
Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch,
Giftpflanzen Pflanzengifte,
Altes Gärtnerwissen wieder entdeckt,
Der Biogarten,
andere nicht mehr nachvollziehbare Quellen und eigene Zettelwirtschaft.
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Zeichnung: Otto Wilhelm Thomé
(1885-1905)
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Bild mit freundlicher Genehmigung von
Kurt Stübers
Fotos: © L. B. Schwab
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